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Interview mit Jens B. Hugel - Weinkombinat Hugel

 © Weinkombinat Hugel
© Weinkombinat Hugel

Jens Hugel, gebürtig aus dem Zwickauer Land, ist Weinhändler mit Leib und Seele. In Dresden betreibt er den Onlineweinhandel Weinkombinat Hugel. 08/15 Weine haben bei Hugel keine Chance. Der Fokus liegt beim Weinkombinat auf Handwerkskunst. Sprich Weine, die eine eigene Handschrift haben und ohne Klärhilfen, Reinzuchthefen, Enzyme und Stabilisatoren auskommen. Nebenbei ist Jens noch ein begeisterter Hobbykoch und Liebhaber von gepflegtem Sprechgesang.

 

Wir reden mit Jens über seine Wurzeln, Wein, Onlinehandel, Kochen und sein Faible für Hip Hop Musik.

 Wie kommt man gebürtig aus dem Zwickauer Land zum Thema Wein?

 

Ach... das kam eigentlich alles über die Leidenschaft zum Kochen. Ich hab mit meiner Mutter, die eine fantastische Köchin ist, schon früh angefangen das Hobby für mich zu entdecken und da war dann als Begleitung auch mal ein Gläschen Wein dabei – wobei die Qualitäten damals doch eher einfacher waren. Das hat sich dann während des Studiums fortgesetzt. Ich hab regelmäßig, mindestens einmal die Woche, für meine Freunde von der TU Chemnitz gekocht und auch gleich die passenden Weine dazu besorgt. Da startete dann langsam die Emanzipation vom LEH hin zum Fachhandel. Als ich dann im Studium scheinfrei war, bin ich nach Dresden gezogen und hab hier redaktionelle Artikel für einen Onlineshop geschrieben – als Studentenjob um die Miete zu zahlen. Da verschwand ich dann mehr und mehr im Hasenbau.

 

Erinnerst Du Dich noch an den ersten guten Wein, den Du getrunken hast?

 

Witzigerweise ja... ich war 13 oder 14 und war mit meinen Eltern im Sommerurlaub auf Malta. Auf der Rückreise stromerte ich aus Langeweile durch den Duty Free des Flughafens und entdeckte einen Hugel & Fils Riesling aus dem Mittelbau des Weinguts. Für uns Westsachsen, die wir ja kein Gefühl für Weinpreise hatten, war er natürlich sauteuer, aber als wir ihn dann zu Weihnachten entkorkten und ich mal nippen durfte gab es schon ein Aha-Erlebnis.

 

In einem Zeitungsbericht habe ich gelesen, dass Du bereits als Jugendlicher ein Faible für Wein entwickelt hast und nebenbei mit jungen Jahren schon gut Kochen konntest.

 

Ja, wie gesagt, ich war gerade so auf dem Gymnasium, da hab ich mit dem Kochen angefangen und das dann nach und nach ausgebaut. Der Faible für den Wein kam dann Hand in Hand (natürich erst ab 16...). räusper

 

Waren Deine Eltern auch weininteressiert und welche Weine, gab es früher bei euch am Tisch?

 

Nein, waren sie nicht, damit hab ich sie erst angesteckt. Meine Mutter hat früher immer Weine aus Apulien getrunken – Primitivo, Negroamaro... die Sachen, die bei vielen Leuten heute noch beliebt sind. Da kommt sie aber dank mir nicht mehr ran.

 

Du bist eigentlich studierter Historiker. Welche Themen haben Dich besonders interessiert?

 

Ich hatte schon als Kind ein Faible für die antiken Griechen – von der Klassik bis zum Hellenismus. Das hat sich dann fortgesetzt. Im Studium kam dann ein Interesse für Wirtschafts- und Sozialgeschichte hinzu, was komisch ist, denn ich habe die Geschichte der Industrialisierung dank desinteressierter Lehrer am Gymnasium gehasst. Aber gerade der Aspekt ist natürlich in Westsachsen auch anschauliche Regionalgeschichte.

 

Wie kam es, dass Du Dich beruflich dem Weinhandel zugewandt hast?

 

Als ich nach Dresden zog, kam eine Freundin auf mich zu und meinte, dass ich doch „Ahnung“ von Wein hätte (was nicht unbedingt stimmte, ich mochte einfach nur Wein)  und dort arbeiten könne, wo sie auch Artikel schreibt – einem kleinen Onlineshop. Das hab ich dann gemacht und hab mich dort infiziert und in das Thema eingelesen und eingetrunken.

 

Gab es einen konkreten Moment, der dazu geführt hat, dass Du Dich selbstständig gemacht hast?

 

Das war eine Summe an Momenten. Ich hab dort nicht nur Artikel geschrieben sondern diverse andere Dinge rund um den Handel gemacht – eigentlich hab ich überall reingeschnuppert. In dem Unternehmen wurden einige Entscheidungen getroffen, bei denen mir nicht so wohl war und ich habe dann, nach langem Überlegen, gekündigt.

Dann hab ich nachgedacht und war mir schnell sicher, dass ich eigentlich kein Angestellter mehr sein will und weil ich mich gern selbst ausbeute, dachte ich an die Gründung. Hab dann alles projektiert und ein halbes Jahr später gegründet. Irgendwann will man einfach seine eigenen Projekte, die man angeschoben hat, auch abschließen und seine eigenen Erfahrungen und Fehler machen.

 

Warum hast Du Dich für den Standort Dresden entschieden? Was macht die Stadt für Dich so interessant und was sind so Deine Lieblingsspots in Dresden?

 

Ich hatte hier einfach meinen Lebensmittelpunkt verlagert. Hier hab ich meinen Freundeskreis. Die Lebenshaltungskosten sind auch niedrig, die Infrastruktur gut. Die PEGIDA-Nummer find ich natürlich hart zum Erbrechen, auch, dass so wenig Kontra aus dem studentischen und bürgerlichen Lager kommt.

Mein Lieblingsspot zum Weintrinken indoor ist definitiv die Weinzentrale von Jens Pietzonka. Wenn es von Frühling bis Herbst wettertechnisch passt, dann sitz ich aber auch gern mit Freunden, ordentlichen Gläsern und einer guten Flasche an der Elbe und schau auf die Altstadt.

 

Du hast Dich von Anfang bewusst für einen reinen Onlinehandel entschieden. Kannst Du diese Entscheidung näher erläutern?

 

Ja, da das Weinkombinat eine Solo-Nummer ist, könnte ich ein Ladenlokal allein zeit-technisch nicht stemmen. Und ein reines Ladengeschäft in der Innenstadt, mit der Größe mein Lager zu fassen sowie Parkplätzen für Kunden, ist nicht bezahlbar. Zumal man ja nicht von Kunden leben kann, die sich eine halbe Stunde beraten lassen, 3 Weine verkosten und am Ende eine Flasche für 8€ mitnehmen. Es sind also verschiedene Faktoren, die da reinspielen. Wenn, dann muss man es mit einer Weinbar kombinieren – Jens in der Weinzentrale macht es da schon sehr richtig.

 

Wie gehst Du vor bei der Auswahl deiner Weine? Welche Kriterien sind Dir besonders wichtig?

 

Der Winzer sollte mir sympathisch sein – charakterlich und in seiner Arbeitsphilosophie. Er sollte eine Leidenschaft für Wein und Reben haben und nicht industrieller Produzent sein. Dabei ist mir ein nachhaltiger Umgang mit den Ressourcen wichtig sowie solide Handarbeit im Keller – ohne Mittelchen, Tricks und Kniffe.

 

Gab es ein Aha Erlebnis, dass Dich dazu bewogen hat hauptsächlich auf natürliche und nachhaltige Weine zu setzen?

 

Ja, ich hab schon vor meiner Selbstständigkeit gemerkt, dass mir uniforme Gletscherbonbon-Weine einfach nicht gefallen.

 

Im Moment hast Du ca. 250 Weine von 60 Weingütern im Programm.

Willst Du diese Dimensionen beibehalten oder willst Du Dich noch vergrößern?

 

Ich werde noch etwas weiter wachsen, aber Onlineshops, die mit 7.000 oder 12.000 Weinen werben gruseln mich eher – da ist keine Liebe zum Produkt dabei. Da verschwindet jeder Winzer in der Anonymität. Das wird weder den Menschen dahinter noch den Weinen gerecht.

 

Dein Programm ist eher erklärungsbedürftig. Wie setzt sich so Deine Kundenstruktur zusammen?

 

Am Anfang dachte ich ja, dass mein cleanes Design des Shops eher junge Menschen anspricht, aber ich hab von 18-90 alles an Kunden. Alle sehr entspannt und  cool. Davon sind auch viele Stammkunden.

Nicht zu vergessen: ich hab auch einige Kunden in der Gastronomie. 

Genug zu Onlinehandel und Wein. Let´s talk about hip hop J

Wann und wie kamst Du das erste Mal mit Hip Hop in Berührung?

 

Das war Mitte der 90er mit Snoop Dogg, danach dann Cypress Hill... Hör ich jetzt noch an und fühl mich dabei richtig schön alt.

 

Gab es einen Track oder einen bestimmten Interpreten, der Dich besonders begeistert hat?

 

Ich bin Dauerfan von Mos Def, dem Wu Tang Clan, der Truppe um Snoop. In den letzten Jahren fand ich Kendrik Lamar und Schoolboy Q ziemlich groß.

 

Hörst Du lieber deutschsprachigen oder amerikanischen Hip Hop?

 

Definitv höre ich den amerikanischen HipHop häufiger. In Deutschland eigentlich nur Afrob, Ferris MC (der Frühe), Fünf Sterne Deluxe.

 

Was sind so im Moment Deine Lieblingskünstler und Tracks?

 

Aktuell hör ich viel vom ASAP Mop – ich weiss... ist nicht sonderlich intelektuell, aber die meiste Musik hör ich im Auto – da passt das dann.

 

Hast Du selber mal gerappt, gebreakt oder gemalt?

 

Nein, da bin ich absolut talentfrei. Gibt schon genug kommerziell erfolgreiche „Rapper“, die so schlecht sind, wie ich. Da braucht es keinen Einzigen mehr.

 

Findest Du Wein und Hip Hop passen zusammen und wenn ja in welcher Form?

 

Ja, Wein trinken, dabei ne gute ehrliche Mahlzeit kochen und Mucke hören – das ist doch super. So verschieden Weine sein können, so verschieden sind auch die Rap-Sytles. Von Brutal, rustikal bis fein und finessreich gibt es bei Rap wie Wein viele spannende Sachen.

 

Lieber Jens. Danke Dir vielmals für das schöne Interview.

Zu diesem Track empfehle ich Bernabeleva CARRIL DEL REY Garnacha Tinto 2015. Ein herrlicher Garnacha aus der Gegend rund um Madrid, aus über 75 Jahre alten Rebstöcken.

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